Informationen zu den Projekten/Ausstellungen im PAVILLON der Volksbühne - german -

Der PAVILLON der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz existierte schon zu DDR-Zeiten, wenn auch nicht unter diesem Namen und zu diesem Zweck. Er wurde im Januar 1997 unter dem Kuratorium Rüdiger Langes mit der "Ausstellung", "Ready-Mix" von Erik Göngrich eröffnet. Im PAVILLON finden nicht Ausstellungen im klassischen Sinne statt. Die transparente Fassade und das (z.B. von Theaterbesuchern) reichlich frequentierte Umfeld des Gebäudes erfordern engagierte, sozial-kommunikative Kunst-Initiativen, die sich individuell mit dem Raum auseinandersetzen. Der PAVILLON ist ein Freiraum für interdisziplinäre Kunstprojekte, in dem junge Künstler und Künstlerinnen, unabhängig von der etablierten Kunstwelt ein kreatives und soziales Kommunikationsforum schaffen.

Wer den PAVILLON besucht, wird mit einer Offenheit und Transparenz konfrontiert, die zur Platzbelebung vor Ort beiträgt und sie verstärkt. Dabei steht die Verbindung von Ereignis und Erlebnis für den Besucher im Vordergrund. Alltag, öffentliches Leben und sozialer Diskurs wird durch die Auseinandersetzung mit dem aktuellen Kunstgeschehen transformiert und erweitert. Der PAVILLON war im Juni 1997 Teilnehmer des Programms des "Hybrid Work Space" bei der documenta X.

Die Produktionsgemeinschaft des PAVILLONs der Volksbühne entwickelte und präsentierte im Hybrid-WorkSpace der documenta X ihre künstlerische Position vor Ort. Der Hybrid-WorkSpace war ein in der Orangerie befindliche Medienpool, der während der Ausstellungsdauer als Ort der medialen Aufarbeitung, Analyse und Repräsentation des Kasseler Kunstereignisses dient.

Der PAVILLON der Volksbühne stellte auf der documenta X lebendige, aktuelle junge Kunst aus Berlin vorstellen und bildete dabei durch Kommunikationformen, wie Fotografie, Video und neue Medien die Basis sowohl für die künstlerische (Zusammen)-Arbeit wie auch für den Diskurs darüber.

In der Künstlergruppe ging es vorrangig darum, während der künstlerischen Arbeit einen dynamischen Gruppenprozeß zu aktivieren, der soziale und kreative Kooperation- und Gesprächsbereitschaft voraussetzte.Die individuelle Haltung, Identität der Teilnehmenden sollte dabei nicht aufgegeben und /oder schematisiert werden. Es ging im PAVILLON -Projekt vielmehr darum, wie einzelne persönliche und künstlerische Selbstbilder auf der Basis einer kritischen Position -gegenüber der Gesellschaft und der etablierten Kunstwelt- erweitert und in einem Gruppenkonsens integriert werden können.

Die Arbeit im Hybrid-WorkSpace war interaktiv angelegt. Der documenta Besucher konnte sowohl beobachten, wie auch aktiv teilnehmen. Der Besucher war ausdrücklich aufgefordert in Gesprächen mit den einzelnen KünstlerInnen und während einzelner Projekte den sozialen und diskursiven Aktionsraum mitzugestalten.

Künstlerliste:
Rüdiger Lange, Holle Rauser, Erik Göngrich, Angelika Middendorf, Andreas Schimanski, Tara Herbst, Juliane Duda, Jochen Heilek, Regula Engeler, Ines Schaber, Kristin Wergeland- Krog

 

Das Pavillon-Projekt auf der documenta X

Der Kunstbegriff des Pavillon-Projektes

Es gibt keine Gesellschaft ohne Kunst. Kunst ist prozessual an die Gesellschaft gebunden denn ihre inneren Entwicklungsgesetze sind von der sie hervorbringenden sozialen Gemeinschaft nicht zu trennen. Waehrend der Arbeitszeit im Hybrid WorkSpace sollten soziale Prozesse in Gang gesetzt werden. Soziale Prozesse zwischen KuenstlerInnen und BesucherInnen, zwischen KuenstlerInnen und KuenstlerInnen zwischen BesucherInnen und BesucherInnen. Unser Beitrag auf der documenta X sollte das Pavillon-Konzept auf einen anderen Raum uebertragen. D.h. die Transparenz und Offenheit des Pavillons sollte als formale und inhaltliche Idee auf den documenta-Arbeitsraum transformiert werden. Die Idee wurde umgesetzt, indem eine Interview-Situation geschaffen wurde. Der Kuenstler wurde - wie (s)ein Kunstwerk - zur Befragung und Auseinandersetzung freigegeben. Die mediale Interviewoeffentlichkeit wurde aufgeloest - der Besucher interviewte direkt die KuenstlerInnen. Persoenliche Praesenz eroeffnete den Raum.

Wir wollten Informationen und Diskussionsmoeglichkeiten fuer den Ausstellungsbesucher zur Verfuegung stellen, die in einem musealen Kunstbetrieb wie der documenta X nicht zu erhalten sind. Das Gespraech, Praesentationen, das Nebeneinander eigener und anderer Gedanken sollten zur Arbeit beitragen, eine gedankliche und sinnliche Annaeherung an das KUNSTWERK ermoeglichen.

Innerhalb des Hybrid WorkSpaces wurden Nischen geschaffen, in denen gearbeitet wurde. Wer nicht denken will fliegt (sich selbst) raus...(J. Beuys): Ebenso wie der Besucher war auch die zwoelfkoepfige Pavillongruppe sozialen Prozessen unterworfen. Die oben erlaeuterte Transformation von Pavillon-Berlin in Pavillon Hybrid WorkSpace Kassel klappte nicht reibungslos. Geringe Vorbereitungszeit, mangelnde Kommunikations- und Kooperationsbereitschaft innerhalb der Gruppe und Probleme bei der Identifikation mit dem Kunstbegriff des Pavillon fuehrten zu einem Splitting der Gruppe bereits am zweiten Tag. Aus dem Desinteresse der einen Haelfte an laufenden Projekten und aus ihrer Unfaehigkeit zur Integration heraus, fanden Kommunikation, Interaktion (auch untereinander) nicht statt. Kunstvermittlung wurde nicht praktiziert. Trotz dieser enttaeuschenden Erfahrung blieb einer aktiven Gruppe (introgroup) die Moeglichkeit der Erfahrung, sich mit dem Publikum auseinanderzusetzen, das hohes Interesse an dem Projekt "Interview" zeigte. In einem voellig immateriell geplanten, quasi leerem Raum wurde Materialitaet geschaffen, mit Fotos, Filmen, Dialogen. Der Hybrid WorkSpace wurde zu einem Knotenpunkt, zu einer globalen Kommunikation im real oeffentlichen Raum ?vor Ort, der im medial-oeffentlichen Raum fortgesetzt und virtuell erweitert wird.

/Holle Rauser

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